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Die Krise des Euro

Submitted on Fri, 13.09.2019 - 15:47

Die Politik hat an den internationalen Finanzmärkten einen fortwährenden Vertrauensverlust in unser Währungssystem verursacht. Das Vorgehen ist eine Mischung aus Planlosigkeit, magischem Denken und falscher Schuldzuweisung in Richtung der Investoren und Finanzinstitute. Es gibt einen Ausweg.

 

Investoren in unsere Staatsanleihen spielen kein „Pokerspiel“ wie es sich grosse Teile unserer politischen Führung scheinbar vorstellen, sondern folgen einer einfachen und logischen Vorgabe: Dem Risiko muss eine angemessene Rendite gegenüberstehen. 

Mit dem damaligen Haircut auf griechische Papiere haben wir diesen Investoren vor allem eines gezeigt: Ein privater Gläubiger eines europäischen Landes muss jederzeit damit rechnen, enteignet zu werden – genauso wie jemand, der Argentinien oder Belize Geld leiht oder dort investiert. Entsprechend hoch muss die Rendite ausfallen, bevor man bereit ist, zu investieren.

Die Drohung mit der ESM-„Bazooka“ vor ein paar Jahren – Zinssenkungen bis zum Erbrechen und Verknappung des Angebots durch eigenen Aufkauf der Papiere direkt bei Emission - solle den "Spekulanten" Angst einjagen und ein einmal verringerter Marktzins zum Selbstläufer werden, so war der Plan.

Doch all diese Bemühungen - billiges Geld, Rettungsschirme, Konferenzen und Beschwichtigung, planlose Sparauflagen oder die Arbeit der Troika in Griechenland - sie waren nicht zielführend bei der Lösung des Problems. Heute, 2019, rechnet man auf absehbare Zeit nicht mehr mit steigenden Zissätzen. Eher im Gegenteil:  Soeben wurde die nächste Senkung beschlossen und auch gleich die nächste Runde QE.

Dabei war es von Beginn an extrem unwahrscheinlich, dass durch den Kauf unserer eigenen Anleihen direkt bei Emission die Rendite nachhaltig sinkt. Die Renditen der Euro-Anleihen werden zwar durch Nullzinspolitik und künstliche Verknappung weiter niedrig gehalten – das  schafft aber nicht Vertrauen, sondern kauft allenfalls Zeit.


 

Das Vertrauen in unsere Zuverlässigkeit könnte aber möglicherweise auf andere Weise wiederhergestellt werden: Der Emittent in erster Reihe und die EZB als Garant müssten erklären, am Sekundärmarkt dauerhaft und in unbegrenzter Höhe Anleihen zurückzukaufen – jedoch nicht zu einem Kurs von 100%, sondern mit einem Abschlag.

Der Abschlag auf den Anleihepreis stellte dabei sicher, dass die Entschlossenheit von Emittent und EZB erst gar nicht getestet wird: Wer würde eine garantierte Anleihe mit angemessener Rendite unter Wert verkaufen – noch dazu wenn der Wert durch den Stückzins stetig wächst? Der Abschlag legt den maximalen Verlust (in Euro) eines Investors fest und damit auch die höchstens zu erwartende Rendite der jeweiligen Anleihe. Diese könnte unter den Mitgliedsländern ausgehandelt werden.

Erst damit wäre aus Sicht eines Investors das Risiko eines substantiellen Verlusts gebannt. Die Renditen unserer Anleihen könnten auf ein angemessenes Niveau sinken (oder aus heutiger Sicht dort bleiben) ohne unausweichlich in eine Schuldengemeinschaft zu münden oder Verwerfungen des europäischen Finanzsystems zu provozieren.

Die Garantie des jederzeitigen Rückkaufs wäre zudem ein starkes Signal, dass wir die Folgen unserer Misswirtschaft nicht einseitig Investoren und Gläubigern aufbürden, sondern den Schaden selbst mitzutragen bereit sind – über eine Erhöhung der Geldmenge bzw. eine Abwertung unserer Währung, die für Europa allenfalls im üblichen Rahmen anderer Wirtschaftsräume zu erwarten ist.

Die unbedingte Bereitschaft unsere Schulden zu bedienen oder zurückzukaufen dürfte auch den Interbankenmarkt wieder normalisieren: Banken wie die italienische Banca Di Monte Paschi di Siena sind erst wegen hoher Abschreibungen auf ihren Besitz von Staatsanleihen kreditunwürdig geworden.

Ich halte dies für die einzige Option, um aus der verfahrenen Situation der negativen Zinsen herauszukommen, bevor unser Bankensystem ganz zusammenbricht - und mit ihm die restliche Wirtschaft. Finanzstarke Banken, die ausserdem keiner planwirtschaftlichen Regulierung (Basel II, Basel III) durch überhebliche Politiker unterliegen sollten, sind die allererste Voraussetzung einer gesunden und sozialen Marktwirtschaft.

 

Aber vielleicht ist der Zusammenbruch auch gewollt – insbesondere das deutsche Sparkassensystem dürfte dabei kurz vor dem Crash „alternativlos“ neue Eigentümer finden. Französische und angelsächsische Banken stehen bereit.


 

Anmerkung: Diesen Artikel habe ich zuerst in 2012 auf Readers Edition online gestellt und jetzt geringfügig aktualisiert.