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Küken schreddern war gestern

Submitted on Sun, 26.03.2023 - 19:45

 


Die Ampelkoalition will den §218 StGB streichen. Damit wäre die Abtreibung ungeborener Kinder grundsätzlich legal. Wie eine Nachfolgeregelung aussehen soll, wird diskutiert.

 


Worum geht es?

Nach dem §218 StGB, ist eine Abtreibung zunächst einmal rechtswidrig. Das will die Ampel-Koalition laut Koalitionsvertrag unter dem Stichwort der „Reproduktiven Selbstbestimmung“ nun kippen. Damit wäre die Abtreibung ungeborener Kinder – auch unmittelbar vor der Geburt – grund­sätzlich legal (sofern dann nicht der Tatbestand eines Tötungs-Deliktes greift). Abtreibungs-Gegnern sollen „wirksame gesetzliche Massnahmen“ entgegen­gesetzt werden, Schwangerschafts­konflikt-Beratung auch online möglich sein.

Eine Nachfolgeregelung außerhalb des Straf­gesetz­buches wird angestrebt. Eine hiermit beauftragte “Kommission zur re­produk­tiven Selbstbe­stimmung und Fort­pflanzungs­medizin”, bestehend aus  Bundes­familien­­ministerin Lisa Paus (Grüne)(1), Pro Familia, der Arbeiter­wohl­fahrt, dem Bündnis sexuelle Selbstbestimmung und Vertretern der Humboldt-Uni Berlin, wurde laut AWO-Veröffentlichung soeben eingesetzt.

Wo sich die AWO noch mit durchaus ver­nünftigen Forderungen z.B. nach einer besseren Versorgung und leichterem Zugang meldet, äußerte sich ein Mitglied der JUSOS auf dem Kongress 2018 deutlich radikaler:

„Mein Bauch gehört mir!“ Sexuelle Selbstbestimmung ohne „aber“, konsequent und „bis zum letzten“. „Einstehen für die Frauen, nicht für irgend­welche Ungeborenen“. Menschenrechte gälten zuerst für die Frau, dann für „alles andere“.

Erschreckender als diese Worte eines einzelnen Mitglieds war die Reaktion der Zuhörer: Die wenigen gemäßigten Stimmen gingen im Applaus unter. Doch man wusste, worüber man redet – das belegen die Wortmeldungen der ersten beiden Rednerinnen (YouTube Video).

 

Die aktuelle Gesetzeslage

Nach der aktuellen und seit 30 Jahren bestehenden Gesetzeslage ist eine Abtreibung grund­sätzlich rechts­widrig(3). Dem setzt der Gesetzgeber aber recht­fertigende Umstände entgegen:

  • StGB §218a : Nicht rechtswidrig ist die Abtreibung, wenn die Schwangere sich vor der Abtreibung beraten lässt und der Fötus nicht älter als zwölf Wochen ist .
  • StGB §219 : In Not und Konfliktlage steigt die Frist auf 22 Wochen.
  • StGB §218a Absatz 2: Gefährdet die Schwanger­schaft das Leben der Schwangeren, bleibt der Abbruch nach ärztlicher Be­ratung auch nach der 22. Woche grundsätzlich straffrei.

Diese Lösung steht im Einklang mit der Systematik des Strafrechts: Ein Straftat-Bestand kann straffrei bleiben, wenn die Straftat eine Recht­fertigung hat. Beispiele sind Notwehr-Situationen (StGB §32), der Notstand (StGB §34) oder eben die Regelungen der §§ 218a und 219 StGB.

Die bestehende Regelung schützt aber nicht nur das Ungeborene, sondern auch diejenigen Schwangeren, die die Abtreibung gar nicht aus eigenem Antrieb vornehmen lassen wollen:

Nach den Erhebungen von ProFemina (nicht zu verwechseln mit Pro Familia) ist es häufig das Umfeld, welches den Abbruch fordert. Die Fristen, also 12 beziehungsweise 22 Wochen, werden hier teil­weise wie ein rettendes Ufer wahrgenommen. Die weitere Diskussion mit den zur Abtreibung drängenden An­gehörigen erübrigt sich, der Abbruch ist dann recht­mäßig nicht mehr möglich.

Auch diese Schwangeren haben doch ein Recht auf sexuelle Selbstbestimmung, sowie auf körper­liche und geistige Unversehrtheit(2).

Ebenfalls zu würdigen wäre bei einer Nachfolge-Regelung das Recht auf geistige Unversehrtheit des Vaters, sowie das des Arztes, der die Abtreibung eines lebens­fähigen Fötus kurz vor der Geburt vielleicht auf Anweisung seines Vorgesetzten vor­zunehmen hat.

 

Umsetzung

Wie die Abtreibung eines Kindes kurz vor der Niederkunft denn halbwegs human ablaufen soll, wäre in dieser Nachfolgeregelung ebenfalls zu klären. Ein Fötus beispielsweise im 6. Monat ist etwas anderes, als einer vor der 12. Woche:

Erst zerstückeln und dann heraus­holen? Oder umge­kehrt? Vielleicht mit Medikamenten abtöten – unter gleich­zeitiger Gefährdung der Gesundheit der Mutter – und dann ganz oder in Stücken heraus­holen? Oder doch lieber das Baby im Mutterleib einer Vollnarkose aus­setzen und darauf hoffen, dass es nach der Entbindung nicht plötzlich anfängt zu atmen?

Ein Horror-Szenario.

geschroten

Absolute Gerechtigkeit kann es nicht geben. Doch mit der aktuellen Regelung ist unser Land Jahrzehnte gut gefahren, und die Interessen aller Betroffenen wurden angemessen berück­sichtigt.

Rechtsgüter, die mit den Rechten anderer Per­sonen kollidie­ren ein­­fach aus dem jeweiligen Gesetz­buch heraus­zu­nehmen, sie aus­zu­blenden, dem Konflikt auszu­weichen, das wäre nichts anderes, als ein An­griff auf den Rechtsstaat.

Es bleibt zu hoffen, dass sich bei dieser Neuregelung die gemäßigten Kräfte durchsetzen.

 


 

(1) Siehe auch Artikel vom 5.1.2023 in der JF

(2) Artikel 3 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union

(3) Wissenschaftlicher Dienst des Bundestages, 2018: Die Tatbestände StGB §§ 211, 212 (Tötung) sowie §§223 ff (Körperverletzung) finden keine Anwendung auf ungeborenes Leben. (PDF )

Bilder: akfoerster.de